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Rallye WM
Ergebnisse 81 - 86

Das Ende
des Phantoms

Fahrer und Team

Die Audi quattro - Piloten

Franz Wittmann

Geboren am 7. 4. 1950 in Niederösterreich

78 Gesamtsiege, davon 31 in der Rallye-EM
12-facher österreichischer Rallye-Staatsmeister
9-facher Triumph und Rekordhalter bei der Castrol-Jänner-Rallye
33 Rallye-WM-Einsätze
WM-Gesamtsieg Neuseeland 1987

Franz Wittmann ist der erfolgreichste Rallyefahrer, den Österreich je hatte. Er hat den Sport, und der Sport hat ihn populär gemacht, die heimische Rallyeszene verdankt ihm sehr viel. Seine motorsportliche Karriere begann im Winter 1972/73 auf VW Käfer 1303. Als die Benzinkrise von 1974 das Ende des VW-Werkteams, die hastige Einscharrung des österreichischen WM-Laufs "Alpenfahrt" und ein weltweites Motorsport-Tief bedeutete, blieb Wittmann auch in der schlechten Zeit am Drücker, erkannte den BMW 2002 ti als Auto der Stunde, gewann seine ersten EM-Läufe und die Achtung eines Mannes, vor dessen Andenken wir uns noch einmal still verbeugen wollen: Josef Annessi, der 1984 an Krebs verstarb.

Der Herr Annessi mit seinem Opel-Team (Kadett GTE) traute sich hinaus in die Welt (die von Spanien bis Rumänien und von Polen bis Zypern reichte) und kompensierte die geringen Mittel mit taktischem Überschmäh und gewaltiger Kraft. Die Kadett-Jahre 1976 bis 1978 waren sportlich besonders dynamisch und mutig. Die entscheidenden Menschen rund um Wittmann waren neben Teamchef Josef Annessi der Superschrauber Max Ogrisek. Franz wurde 1976 und 1977 Mitropacup-Sieger, und wurde 1978 zweiter in der Rallye-Europameisterschaft (hinter Toni Carello auf Lancia Stratos). Nach Rückzug des österreichischen Opel-Teams ergeben sich 1979 und 1980 als Zwischenjahre, die Wittmann hauptsächlich mit seinem Ex-Röhrl-Porsche bestreitet, aber selbst da räumt Wittmann alles ab, was in Österreich und Umgebung abzuräumen ist.

Das wahre Leben, stellt sich raus, kommt auf allen Vieren. Wittmanns Fähigkeit, sich selbst und seine jeweilige Firma seriös zu vermarkten und guten PR-Wert zu erzielen, hatte ihn mittlerweile für die größte österreichische Importeurgruppe (VW-Audi-Porsche) interessant werden lassen, und dort hatte man ein Naheverhältnis zum eben entstehenden Audi-Werksteam stark gefördert. Franz machte auch bei Piech himself gute Figur, und bekam den Auftrag zur Durchführung der offiziellen Quattro-Weltpremiere: Jänner Rallye 1981. Franz zelebrierte den Beginn des neuen Zeitalters mit Würde und zwanzig Minuten Vorsprung. Es war die feierliche Übermittlung der wichtigsten technischen Botschaft, die der Rallyesport je zu transportieren hatte: Allradantrieb würde alles verändern, den Sport und den Markt, und Franz Wittmann hatte die Fahne vorangetragen. In den Jahren 1981 bis 1984 erringt Franz Wittmann 20 Gesamtsiege mit dem Audi quattro, darunter 6 EM-Siege. 

Uns fällt auf der ganzen Welt kein anderer Rallyefahrer ein, der außerhalb eines Werkteams ein derart anspruchsvolles Programm über etliche Jahre hinweg durchgezogen hätte. 1981 bis 84 auf Quattro, 1985 und 86 auf Golf GTI danach auf Lancia und Toyota. Als schönste Beute bleiben der Sieg von Neuseeland, die Gruppe-A-Siege von Akropolis und San Remo, die dritten Plätze von Portugal und Argentinien übrig - viele Werksfahrer haben weniger erreicht. Ganz abgesehen von zwölf Staatsmeistertiteln.

Franz Wittmann lebt mit Gattin Rolanda und seinen drei Kindern in Ramsau bei Hainfeld/NÖ. Seine Kinder sind auch erfolgreiche Sportler: Der 22-jährige Franz jun. ist wie sein Vater ebenfalls Rallyefahrer und nimmt an der österreichischen Rallye Meisterschaft teil, die 17-jährige Julia eine talentierte Skirennläuferin und der 14-jährige Sebastian ein hoch veranlagter Golfer. Insgesamt kam Wittmann weltweit auf rund 80 Siege. Dem Rallyesport kehrte der 55-jährige Franz Wittmann sen. erst kürzlich endgültig den Rücken, nachdem er im März 2006 zum Präsidenten des Österreichischen Golfverbandes gewählt worden war. Wittmann ist Mitbesitzer der Golfanlagen Adamstal und Maria Taferl. Am Montag den 29.5.2006 kam Tochter Julia Wittmann bei einem folgenschweren Verkehrsunfall ums Leben. Wir schenken der Familie Wittmann unser tiefstes Mitgefühl zu diesem tragischen Ereignis.

Michele Mouton

Geboren am 23. 6. 1951 in Frankreich

Vize-Weltmeister 1982
47 Rallye-WM-Einsätze
4 WM-Siege

Michele Mouton löste im Rallyesport ein Erdbeben aus. Sie bot den Männern schon Mitte der siebziger Jahre mit ihrer Gruppe-3-Alpine die Stirn. Danach wechselte sie zu Fiat France und überraschte Beobachter damit, wie gut sie mit den physischen Anforderungen zurecht kam, die der 131 Abarth an den Fahrer stellte. Ihre Qualitäten kamen jedoch erst ab 1981 am Steuer der großartigen, starken Audi Quattros voll zur Geltung

In einem ausgesprochenen Männersport erwarb sich Michele mit ihrem fahrerischen Können großen Respekt. Sie gewann vier WM-Läufe in einer Saison - San Remo, Portugal, Akropolis und Brasilien - und mit etwas mehr Glück wäre sie 1982 auch Weltmeisterin geworden. Es gibt nur wenige Sportarten, in denen Frauen nicht in eigenen Wettbewerben antreten, sondern sich gleichberechtigt mit den Männern messen und sie womöglich schlagen. Moutons Erfolge wurden nur widerstrebend akzeptiert: "Lieber überschlage ich mich, als von einer Frau geschlagen zu werden", äußerte ein Weltmeister. "Den Quattro kann sogar ein Affe fahren", erklärte ein anderer charmant.

Von solchen verbalen Attacken eher gestärkt als geschwächt, gab Michele die passende Antwort immer am Lenkrad. In einem recht machohaften Umfeld behauptete sie sich aber nicht nur durch ihr fahrerischen Können, sondern auch durch ihre Persönlichkeit, ihre Aufrichtigkeit, ihre großes Interesse an den Menschen, Ländern und Dörfern, die die Rallye passierten, ihren Humor, ihr impulsives Temperament und ihre Schlagfertigkeit.

1986 beschloss Michele, sich zurückzuziehen und eine andere Rolle zu spielen - die der Mutter.  Seither organisiert sie mit ihrem Mann jedes Jahr das "Race of Champions", das regelmäßig die besten Rallyepiloten der Welt versammelt.

Hannu Mikkola

Geboren am 24. 5. 1942 in Finnland

Weltmeister 1983
121 Rallye-WM-Einsätze
18 WM-Siege

Es gab nur zwei Rallyeprofis, deren aktive Karriere drei Jahrzehnte lang währte: Hannu Mikkola und Björn Waldegard. Hannu gehörte der ersten Generation international erfolgreicher Finnen an und war ein Mitbegründer des Markenbegriffs "The flying finns". Stuart Turner holte den Rohdiamanten zu Ford, wo er zu einem der größten Allroundkönner des modernen Rallysports geschliffen wurde.

Die Bilderbuchkarriere war Ende der sechziger Jahre, noch bevor sie richtig begonnen hatte, durch ein ernstes Alkoholproblem gefährdet. Hannu erkannte jedoch rechtzeitig, welche Möglichkeiten ihm sein außergewöhnliches Talent bot und zog sich selbst aus dem Sumpf. Gemeinsam mit seinem kongenialen Beifahrer Gunnar Palm war Mikkola in der Lage, mit allen Extremen des Rallyesports fertig zu werden: vom 1000-Seen-Sprint in Finnland, über den 12.000-km-Marathon von London nach Mexiko bis zur East African Safari, die er 1972 als erster Nicht-Afrikaner gewann.

Wann immer es galt, einem neuen Auto auf die Sprünge zu helfen, stand bei allen Autoherstellern der Name Mikkola ganz oben auf der Wunschliste. Nicht nur wegen seines fahrerischen Könnens und seiner technischen Kenntnisse, sondern ganz besonders auch deshalb, weil er durch und durch ein Gentleman war. Ein fairer Sportsmann - charmant, clever und smart.

Nach der Ford- und Toyotazeit kam Mercedes und 1981 schließlich Audi mit dem revolutionären Quattro. Mikkola war Mann der ersten Stunde und wurde 1983 auf Audi Quattro auch Weltmeister. Zwar fuhren zu dieser Zeit andere schon schneller als er, aber am Ende seiner außerordentlichen Karriere hatte er die höchste Auszeichnung des Rallyesports mehr als alle anderen verdient - auch weil er der Erste war, der in der Entwicklungsphase im Jahre 1980 das Potential des Allradantriebs nutzbar machte.

Stig Blomqvist

Geboren am 29. 7. 1946 in Schweden

Weltmeister 1984
Vize-Weltmeister 1985
84 Rallye-WM-Einsätze
11 WM-Siege

Gesprächig war Stig Blomqvist nicht, dafür aber mit jeder Art von Auto so schnell, dass es den anderen ebenfalls die Sprache verschlug. Auf gut formulierte Fragen von Journalisten, die nach einer ausgiebigen Analyse verlangten, antwortete der Schwede an guten Tagen mit kompakten Sätzen, die sich aus drei bis fünf Wörtern zusammensetzten. An weniger guten Tagen mit "Ja" oder "Nein". Auch später, als Stig etwas gesprächiger und die Technik komplexer geworden war, entzog er sich den Fragen der Techniker oder Reifenspezialisten mit der knappen Auskunft, sie mögen ihm den Bock doch irgendwie fahrbereit machen, alles andere würde sich dann schon finden.

Stig Blomqvist war zweifellos ein Ausnahmegenie, der geborene Rallyefahrer. Sein Markenkennzeichen waren seine Augen, die kohlschwarz wurden, wenn er sich konzentrierte. Meistens kamen dabei Sonderprüfungszeiten heraus, denen niemand etwas entgegenzusetzen hatte.

Aufgewachsen und großgeworden ist er in der familiären Nestwärme von Saab, wo er praktisch die Nachfolge des großen Erik Carlsson antrat. Unglaublich, was Stig mit dem Saab V4 zuwege brachte, sofern es nur bergab ging oder Schnee lag. Bei der Schweden Rallye war er zu allem in der Lage. Als er bei der Österreichischen Alpenfahrt ein Hinterrad verlor, dachte er gar nicht daran aufzugeben, sondern fuhr mit einer solchen Geschwindigkeit über den Semmering-Paß, dass ihm andere mit intakten Autos kaum folgen konnten.

Als sich Saab 1980 zurückzog, fuhr Stig zunächst für Talbot, um danach den Quattros das Driften beizubringen. 1984 schließlich wurde er mit Audi Weltmeister.

Walter Röhrl

Geboren am 7. 3. 1947 in Deutschland

Weltmeister 1980, 1982
Vize-Weltmeister 1983
75 Rallye-WM-Einsätze
14 WM-Siege

Für viele ist der "Lange" aus Regensburg der schnellste und effizienteste Rallyefahrer aller Zeiten. Der brillante Analytiker besaß die seltene Gabe, selbst  jene das Besondere dieser Sportart zu vermitteln, die sich eigentlich nicht dafür interessieren. Wenn Walter Röhrl bayrisch eingefärbt über das Leben im Grenzbereich sprach, dann begriffen alle, dass der Rallyesport etwas ziemlich aufregendes sein muss, und dass die Menschen, die ihn ausübten, mehr sind als dumpfe Vollgaszombies, die irgendwo durch den Wald rasen.

Röhrl sagte immer und überall, was er gerade dachte, formulierte aber oft übertrieben. Seine eigenwilligen Aussagen wurden von den Mediengierig aufgegriffen, häufig auch uminterpretiert und falsch wiedergegeben. Das führte gelegentlich zu Verstimmungen bei seinen Arbeitgebern. Röhrl kreierte einen ganz eigenen, unspektakulären, aber äußerst effizienten Fahrstil und stand damit im krassen Gegensatz zu den wild driftenden Skandinaviern. Zwei Weltmeistertitel - 1980 und 1982 - sind im Rückblick eigentlich eine magere sportliche Ausbeute und reflektieren keinesfalls Röhrls enormes Potential. Der Bayer stand sich bei seiner Karriereplanung wohl selbst ein wenig im Weg.

Nach den Jahren bei Fiat und einem unglücklichen Mercedes-Intermezzo landete er 1984 bei Audi. Obwohl die Ingolstädter in dieser Saison noch dominierten, blieb Röhrl mit dem Quattro eher glücklos. Den Rallyefans auf der ganzen Welt wird die Kombination Röhrl auf Quattro S1 dennoch als sportliches und atmosphärisches Gesamtkunstwerk in ewiger Erinnerung bleiben.

 


Das HB Audi-Team 1984